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Berufsbildung noch fitter machen

Berufsbildung noch fitter machen

Wirtschaft und Berufsbildung sind mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs. Die Berufsbildung droht abgehängt zu werden. Die Forderung nach einer kompetenzorientierten Organisation der Berufsfachschulen ist deshalb aktueller denn je.

Während meiner Zeit als stellvertretender Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell forderten wir, dass die Berufsfachschulen im Kanton St.Gallen nach Kompetenzen und nicht länger nach geografischen Kriterien organisiert sein sollten. Der Thurgau ist diesbezüglich bereits viel weiter. Die Forderung nach einer kompetenzorientierten Organisation der Berufsfachschulen hat aus meiner Sicht nichts an ihrer Gültigkeit eingebüsst – ganz im Gegenteil. Dies zeigte sich für mich wieder deutlich an einer Veranstaltung, welche die Sektion Wil-Gossau der VSGP (Vereinigung der St.Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten) Mitte Januar organisierte und zu der ich eingeladen wurde.

Stolz sein ist gut, aber...
«Doch ist eine solche Umstellung eines bewährten Systems nötig?», werfen Sie vielleicht ein. Wir haben doch schon das beste Berufsbildungssystem auf der ganzen Welt!
Ja, genau deshalb! Denn was sich nicht verbessert und mit der Zeit geht, wird schlechter. Zweifellos geniesst unser duales Berufsbildungssystem zu Recht hohe Akzeptanz. Die Stärke unserer Unternehmen baut wesentlich auf den selbst ausgebildeten Berufsleuten auf. Die Berufsbildung sorgt dafür, dass der Fachkräftemangel nicht noch schwerwiegender zu spüren ist. Zudem ist die dank der «Stifti» frühe Integration in den Arbeitsmarkt mitverantwortlich für unsere weltweit rekordverdächtig tiefe Jugendarbeitslosigkeit.
Trotz all dieser positiven Aspekte: Die Arbeitswelt verändert sich in einem enorm hohen Tempo. Das muss die Berufsbildung unweigerlich besonders herausfordern, wo die Ausbildung mitten im Berufsalltag und nicht im theoretischen Elfenbeinturm einer Universität stattfindet.

Nähe zur Praxis und zu den Unternehmen
Wichtig ist die Nähe der Berufsfachschulen zu der Praxis und zu den Unternehmen. Dies kann unter anderem dann besser gelingen, wenn die Berufsfachschulen nach Kompetenzen organisiert sind und nicht nach geografischen Gesichtspunkten. Ein Schulstandort kann sich in den angebotenen Berufsbildern spezialisieren, idealerweise in denjenigen, die in der Region von den Unternehmen besonders gefragt sind. Eine solche Bündelung der Kompetenzen ermöglicht es, die Praxis stärker einzubinden und die Lerninhalte aktueller zu halten. Die einzelnen Schulen können sich den unterschiedlichen Bedürfnissen und Veränderungsgeschwindigkeiten der jeweiligen Branchen gemäss anders entwickeln. Ansonsten verliert die Berufsfachschule schnell ihren guten Ruf als praxisnaher Lernort.

In diese Richtung stossen auch die Gemeindepräsidenten der Region Wil-Gossau und das Berufs- und Weiterbildungszentrum Wil-Uzwil: Sie fordern, dass in Flawil Lebensmittelberufe angesiedelt werden, in Uzwil Maschinenbau und in Wil Dienstleistungsberufe. Ein Vorstoss, der aus meiner Sicht im Kanton St.Gallen (Berufs-)Schule machen sollte.

Zum Beitrag auf hallowil.ch, 14.01.2020.

Zum Beitrag auf wil24.ch, 14.01.2020.

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